Rasender Roland: Kultzug auf Rügen

Rasender Roland, wo bleibst du denn? Die Fahrgäste am kleinen Bahnhof Sellin schauen erwartungsvoll in eine Richtung. Der Rasende Roland ist zwar noch nicht zu sehen, aber immerhin schon zu hören. Immer wieder ertönt ein lautes Signal, das die älteste Schmalspurbahn Deutschlands ankündigt.

Ein weiteres „Tuut, tuut“ – dann ist es soweit: Der Rasende Roland fährt auf den Gleisen ein. Allen voran seine schwarze, massive Lok. Weißer Dampf steigt aus dem Schornstein empor. Aus dem offenen Fenster des Führerstands schaut der Lokomotivführer. Der Zug erinnert an Emma aus „Jim Knopf“ von Michael Ende. Die Bremsen quietschen, langsam kommt der Rasende Roland zum Stehen. Die Zeitmaschine setzt zur Landung an.

Rasender Roland auf Rügen

Es gibt erstaunlich viele Wagons. Zeitweise ist sogar ein Speisewagen als „RüBB-Buffet“ darunter. „RüBB“ ist die Abkürzung für Rügensche Bäder Bahn, den Betreiber. Besonders beliebt ist der Aussichtswagen mit Freiluft-Sitzplätzen. Hier drängen sich einige Fahrgäste vor dem Eingang, können aber nicht einsteigen, weil das Schutzgatter sich nicht öffnen lässt. „Ja, ja, das klemmt gerade“, sagt die junge Schaffnerin, öffnet es mit einem beherzten Ruck und lächelt, als sich die Touristen auf die Sitze stürzen. Kein Problem, es sind genügend Plätze frei. Kurz darauf setzt sich der Rasende Roland langsam und schnaufend in Bewegung.

Der Zug verbindet die Ostseebäder im Südosten von Rügen. „Rasender Roland“ ist ironisch gemeint, denn der Zug bringt nur eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h auf die Gleise. Vermutlich haben sich in den 50er Jahren sächsische Bergbauarbeiter über das gemächliche Tempo lustig gemacht und dem Zug seinen Spitznamen verpasst. Genau sagen kann man das allerdings nicht. Damals muss der Zug sogar noch langsamer unterwegs gewesen sein, denn die Gleislage war damals schlechter als heute.



Rasender Roland: unterwegs seit 1895

Im Jahr 2015 feierte die Schmalspurbahn ihr 120jähriges Jubiläum. Am 22. Juli 1895 wurden auf Rügen die ersten elf Kilometer der 750-Millimeter-Schmal­spurbahn zwischen Putbus und Binz-Ost eröffnet. Das Schienennetz umfasste bis Ende der 60er-Jahre rund 100 Kilometer, heute sind es 24,1 Kilometer. Dabei ist der Rasende Roland nicht etwa ein Museumszug, sondern eine feste Säule des Nahverkehrssystems auf Rügen. Und er ist noch etwas anderes: nämlich Kult. Den Rasenden Roland gibt es nicht nur als Zug, sondern auch als Souvenir in all seinen Facetten. Vom Stift bis hin zum Motivkleid.

Seit 2008 wird die Bahn überaus engagiert von der Rügensche Bäder Bahn (RüBB) betrieben. Der RüBB-Fahrzeugpark umfasst mehrere Dampfloks aus den Baujahren von 1914 bis 1953 und zwei Dieselloks. Hinzu kommen verschiedene Reisezugwagen, Güterwagen und Packwagen. Mit anderen Worten: Hier fährt die Geschichte mit. Die Lok „Aquarius C“ etwa wurde 1939 im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront eingesetzt. Danach fuhr sie im österreichischen Salzkammergut, im Zillertal und im Bregenzer Wald. Über diesen Umweg kam sie 1997 schließlich nach Rügen.

Rasender Roland: Er qualmt ganz schön.

Täglich von 8 bis 20 Uhr dampft der Rasende Roland mindestens alle zwei Stunden auf der Strecke zwischen Putbus und Göhren. Dabei hält er nicht nur an den Bahnhöfen in Binz, Sellin Ost und Baabe, sondern auch an kleineren Haltepunkten, wenn Leute mitfahren wollen. Für die 24,1 Kilometer lange Strecke benötigt der Rasende Roland rund 75 Minuten – auch hier wird die Ironie des „Rasens“ deutlich. Wobei man sagen muss: Wenn man im Aussichtswagon sitzt und einem der Wind um die Ohren pfeift, dann ist die Geschwindigkeit durchaus angenehm und kommt einem gar nicht langsam vor.

Immer wieder ertönt das laute Signal und an der Strecke bleiben Passanten stehen, um sich das Spektakel anzusehen. Der Lokomotivführer lässt ganz schön Dampf ab. Der Himmel ist vollgequalmt und der Geruch ist alles andere als angenehm. Aber kein Problem, die Fahrt mit der nostalgischen Dampflokomotive und den restaurierten, blitz-blank gepflegten Waggons ist interessant und dauert nicht allzu lange. Wem der Rauch nichts ausmacht, der kann sogar im Führerstand mitfahren – allerdings muss man sich dafür rechtzeitig vorher anmelden. Wer weiß, vielleicht darf man dort auch selbst einmal das Signal geben, das den Rasenden Roland auf Rügen schon von Weitem ankündigt.

Rasender Roland: die Strecke

Der Rasende Roland fährt im 2-Stunden-Takt die Strecke Göhren-Baabe-Sellin-Binz und wechselt im Sommer ab Putbus auf ein 3-Schienen-Gleis nach Lauterbach/Mole. Alle Haltepunkte im Überblick:

Lauterbach Mole
Putbus
Beuchow
Posewald
Seelvitz
Serams
BinzJagdschloss
Garftitz
Sellin West
Sellin Ost
Baabe
PhilippshagenGöhren

Rasender Roland: die Tickets

Hier kannst Du Dir die Ticketinfos als pdf herunterladen (Größe: 150 KB, also sehr klein):
Rasender Roland Tickets

Mehr Details über Fahrpläne und Tickets erfährst Du bei der Rügensche BäderBahn.


Hier geht die Reise weiter.

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4 Kommentare

  1. Ach wie cool, der rasende Roland!
    Bei meinem Rügen Urlaub im letzten Herbst bin ich mit dem Fahrrad an der dampfenden Lok vorbei gefahren. Ich dachte mir noch, das macht bestimmt Spaß.
    Mal schauen, ob ich mit der Lok das nächste Mal auch fahre 😉
    Liebe Grüße
    Sonja

  2. Hallo Sonja,
    ja, der Rasende Roland ist Kult und macht Spaß. Zumindest auf kurzen Strecken. Auf längeren Strecken würde ich mich wegen dem Dampf nicht unbedingt hinter die Lok setzen 😉
    Liebe Grüße,
    Philipp

  3. Bei unserem letzten Urlaub auf Rügen waren wir in einem Hotel in Baabe ganz in der Nähe der Strecke und konnten den „Rasenden Roland“ immer fahren hören. Das hatte auch etwas.
    Unser nächster Urlaub soll im nächsten Spätsommer starten, dann wollen wir mit unserem Nachwuchs die Insel mit dem „Rasenden Roland“ durchqueren. 🙂

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