Zeitmaschinen gibt es eigentlich nur in Büchern und im Kino. Aber dank dem Künstler und Architekten Yadegar Asisi gibt es sie auch in Berlin. Das Asisi Panorama Berlin Projekt dreht am Checkpoint Charlie die Zeit zurück und katapultiert die Besucher an die Berliner Mauer der 80er Jahre.
Es ist ein kalter, grauer Novembertag. Ich stehe auf einem 4 Meter hohen Baugerüst und blicke von der Westseite auf die Ostseite Berlins. Zwischen den Stadtteilen verläuft die Berliner Mauer. Von einem Wachturm aus observiert mich ein DDR-Grenzposten mit seinem Fernstecher. Einige westdeutsche Schüler posieren vor der Mauer für ein Foto. Es sind die 80er Jahre. Ein Werbeplakat zeigt den legendären Camel-Mann, der sich gerade eine anzündet. „Der Weg lohnt sich“, heißt es dazu. „You are Leaving the American Sector“ warnt ein Aufsteller. Daneben steht eine Aussichtsplattform aus Holz, auf dem einige Mauertouristen neugierig zum Todesstreifen hinüberblicken.
Panorama Berlin: ein Tag an der Mauer
„Niemand hat vor eine Mauer zu bauen“, dröhnt eine Männerstimme aus einem Lautsprecher. Im Hintergrund erkenne ich den Fernsehturm am Alexanderplatz und die St. Michaelskirche. Die Plattenbauten im Osten wirken trist und halb verfallen. Der Westen punktet mit einer Currywurstbude, einer Eckkneipe und einem Spätkauf. Zu allem Überfluss gibt es auch noch ein besetztes Haus, das wäre doch nicht nötig gewesen. Alltag an der deutsch-deutschen Grenze, eingefangen vom Künstler Yadegar Asisi auf 20 Leinwandrollen. 15 Meter hoch, 60 Meter breit. Stimmungsvoll beleuchtet und mit Original-Tondokumenten und Musik unterlegt. Keine 360-Grad-Zeitmaschine, aber immerhin ein Halbkreis der Illusion im Maßstab eins zu eins.
Der Baum im Bild wirkt unfassbar realistisch. Ganz so, als würde er wirklich hier stehen. In dieser Kombination ist der Grenz-Alltag allerdings nicht realistisch, sondern am Computer zusammengebastelt. Die Realität ist „verdichtet“ und „zugespitzt“ könnte man sagen. 900 Quadratmeter Bildfläche für die Illusion an der Berliner Mauer zu stehen. Das Experiment ist gelungen. Zumindest bei mir.
Panorama Berlin am Checkpoint Charlie
Vor der Panorama-Installation gibt es eine Begleitinstallation mit 100 privaten Fotomotiven von Zeitzeugen und Sequenzen aus der Filmdokumentation „Bis an die Grenze – der private Blick auf die Mauer“. Nach 15 bis 20 Minuten steht man wieder am Checkpoint Charlie im hier und jetzt. Wie sagt der 80er-Jahre-Camel-Mann doch so schön: Der Weg lohnt sich.
Adresse: Assisi Panorama Berlin, Friedrichstraße 205, Eingang Zimmerstraße, 10117 Berlin Mitte. Öffnungszeiten: Täglich von 10 bis 18 Uhr. Ticketpreise. Normalpreis: 10 Euro, Kinder: 4 Euro, Kinder unter 6 Jahren: kostenlos.