Der Chauffeur von Kanzlerin Angela Merkel (Michael Frowin) soll die Weihnachtsfeier im Kanzleramt organisieren. Zusammen mit Merkels Lieblingspianisten (Dietmar Loeffler) nimmt er das komplizierte Projekt in Angriff. Die Zuschauer sind bei den Stachelschweinen im Berliner Europacenter live dabei.
Gleich zu Beginn wird klar, dass die Weihnachtsfeier kein Spaziergang wird. Das Handy steht nicht still, ständig ruft einer der Politiker beim Chauffeur an und gibt seine Wünsche durch. Nicht nur führenden Köpfe von CDU/CSU sind eingeladen, nein, das ganze politische Spektrum soll sich unter dem Weihnachtsbaum versammeln. Zwei Stunden lang (mit 15 Minuten Pause) beschäftigen sich Michael Frowin und Dietmar Loeffler mit der schönen Bescherung, die uns die Damen und Herren Politiker in Deutschland so bereiten.
Das klingt lang. Und das ist es auch. Langweilig jedoch wird es nie. Das liegt an zwei Dingen. Erstens erweisen sich die beiden als ausgezeichnete Musiker, die immer mal wieder einen Song einstreuen. Und zweitens erlauben sie sich durchaus auch mal Ausflüge zu anderen Themen, die mit einer Weihnachtsfeier nichts zu tun haben. Weihnachten ist eher der rote Faden, der immer wieder von Neuem aufgenommen und weitergesponnen wird.
Halleluja, Angela!
Der Titel „Halleluja, Angela!“ weckt die Erwartung, dass sich das Kabarett-Duo an diesem Abend ganz besonders eingehend mit der Kanzlerin beschäftigt. So ist es auch, aber das bedeutet nicht, dass die anderen Politikpromis verschont werden. Frowin und Loeffler holen zum Rundumschlag aus, der nahezu alle größeren Parteien trifft. Ob CDU, CSU, Grüne, SPD, FDP, AfD – alle werden durch den Glühwein bzw. durch den Kakao gezogen. Allein Gags auf Kosten der Linken sind mir kaum in Erinnerung.
Das Flüchtlingsthema darf beim vorgezogenen Jahresrückblick nicht fehlen: „Ich möchte jetzt diese Retter des Abendlands mal fragen“, überlegt Frowin laut, „ob die noch eine Krippe aufstellen. Wenn man da alle Afrikaner, Araber, Juden und Flüchtlinge weglässt, was steht’n unterm Tannenbaum? Ochs und Esel.“
Neben klassischen Gags wie der Idee, dass die CSU zwar fordert, dass Asylanten und Migranten Deutsch lernen sollen, aber Bayerisch ja selbst kein Deutsch sei, gibt es auch mutige Innovationen. Etwa die Idee, den Erlkönig lautmalerisch mit Satzzeichen vorzutragen – wie das angeblich ein Akademiker zu Weihnachten von seinen Kindern fordert. Die Nummer ist lustig und – besonders schön beim Kabarett – ein neues Format.
Die Sprache der Politiker
Die Sprache in der Politik ist ein Lieblingsthema der beiden. Eine Lachnummer daraus zu machen, ist gar nicht mal so schwer, wenn man sich die Mühe macht, darüber nachdenken, was da eigentlich gesagt wird. So erklärte Angela Merkel nachdem die Sondierungsverhandlungen zwischen CDU/CSU, Grünen und FDP nach vier Wochen Verhandlungen gescheitert waren: „Es ist ein Tag mindestens des tiefen Nachdenkens, wie es weitergeht in Deutschland.“ Daraufhin meint Frowin: „Was war’s denn vorher?“
Martin Schulz zitiert er mit den Worten: „Ich strebe keine Große Koalition an, ich strebe auch keine Minderheitsregierung an. Ich strebe keine Neuwahlen an. Ich streb gar nix an.“ – „Ja, das ist doch ein Politiker unseres Vertrauens.“ Das Publikum lacht und applaudiert. Fairer Weise hätte man Schulz auch zuende zitieren können: „Was ich anstrebe: dass wir die Wege diskutieren, die die besten sind, um das Leben der Menschen jeden Tag ein Stück besser zu machen.“
Merkels Kindersprache
Besonders interessant wird es, als Frowin die „Kindersprache“ von Angela Merkel analysiert: „Wir schaffen das – reine Kindersprache. Wo hat sie’s her? Eltern werden’s wissen. Bob der Baumeister! Ja, sagen Sie’s nur. Ist doch vollkommen richtig. Da hat sich schon Obama bedient. Can we fix it? Yes we can.“ Oder auch schön: „Was hat sie geantwortet auf die Frage ‚Was lieben Sie am allermeisten an Deutschland?‘ – ‚Die dichten Fenster.'“ Das Publikum kann es nicht fassen. Merkel, meint Frowin, sei eine würdige Nachfolgerin von Kohl, dem Meister der „kabaretttablen Sätze“: „Das Problem der Tretminen lässt sich nur Schritt für Schritt lösen.“
Frowin als Merkel
Ein Highlight der Show ist, als Frowin in die Rolle der Kanzlerin schlüpft und als Angela Merkel auf die Bühne kommt. 40 Prozent Altersarmut in Deutschland? Nein, beteuert Frowin als Merkel: „Ich kann Ihnen versichern, dass das nicht stimmt. Auch wenn Andrea Nahles darauf so sehr beharrt.“
Man habe den Armutsbericht der Bundesregierung schließlich gemeinsam gefälscht und sich dabei auf 2/5 geeinigt „und dank meiner erfolgreichen Bildungspolitik weiß ja kein Mensch mehr, wieviel das sein soll. (…) Außerdem habe ich gerade in einer Studie gelesen ‚Wer arm ist, stirbt früher‘. Das heißt doch, ich bin mit meiner Politik auf dem richtigen Weg. Ja, wer früher stirbt, ist ja auch kürzer arm.
Ich kann Ihnen versichern, lieber Mitbürgerinnen und Mitbürger, derjenige unter Ihnen, der 50 Jahre alt ist und arm, der wird keine andere Bundeskanzlerin mehr kennenlernen als mich. Wenn das kein erfülltes Leben ist, weiß ich auch nicht mehr.“
Fazit von Halleluja, Angela!
Zwei Stunden lang geben Michael Frowin und Dietmar Loeffler Vollgas und zünden ein vorgezogenes Silvesterfeuerwerk an Gags. Die Songs sind klasse. Inhaltlich liegen die beiden zwar auch hin und wieder daneben, etwa, als sie sich dafür feiern, schon mal einen Weihnachtsmann umgebracht zu haben und das für schwarzen Humor halten. Aber alles in allem ist der Abend grandios, äußerst unterhaltsam und immer wieder sehr lustig.
Das Publikum dankt es den beiden mit lang anhaltendem Applaus, so dass es noch eine und dann noch eine Zugabe gibt. Wow! Absolut empfehlenswert. Und was kriegt noch gleich die Grüne Katrin Göring-Eckardt zu Weihnachten? Ach ja richtig: ein Abo des Beef-Magazins.
Das aktuelle Programm der Stachelschweine findest Du hier: Spielplan.
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