Ich sitze zwei Meter über dem Indischen Ozean in einer Badewanne und trinke grünen Tee. Türkisfarbene Wellen glitzern in der Sonne, ein Katamaran schaukelt gemütlich auf und ab. Der Wasserbungalow am Strand der malediveischen Insel Olhuveli hat einen kleinen Jacuzzi auf der Terrasse. Aber wozu braucht man auf den Malediven einen Jacuzzi, wenn man doch ein ganzes Meer vor der Nase hat?
Malediven kommt von Diven
Es ist nicht die einzige Seltsamkeit, die einem auf den Malediven begegnet. „Malediven“ kommt schließlich von Diven, Mehrzahl von Diva. Keine Inselgruppe ist so eigenwillig wie diese. Das beginnt schon bei der Zeit. Auf dem Olhuveli Beach Resort & Spa gehen die Uhren anders. Nämlich eine Stunde vor. Auf diese Weise werden die Flüge am Flughafen Male entspannter erreicht.
Die Malediven: wie ein Gemälde von Monet
Ein Leben ohne Uhr ist für einen Deutschen eigentlich gar nicht vorstellbar. In Extremsituationen wie diesen hilft nur eine Tasse Tee. Und der herrliche Blick auf den Indischen Ozean. Am Horizont zeichnet sich eine Palmeninsel ab. Die leuchtenden Farben erinnern an ein Gemälde von Monet. Unter einem breiten dunkelgrünen Strich verläuft ein schmaler weißer – der Sandstrand. Zwei graue Kleckse flankieren die Insel, große Sonnenschirme aus Stroh. Links vor der Insel ruhen komfortable Bungalows mit spitzen Dächern auf Holzpfählen über dem Wasser.
Sanft laufen die Wellen am feinen weißen Sandstrand aus, dabei ist ein leichtes Plätschern zu hören, das an einen kleinen Bach erinnert. Das Wasser in der Lagune ist warm, weich und so flach, dass man einige hundert Meter hinaus waten kann. Weiter draußen ist das Meer tief und nimmt eine dunkelblaue Farbe an. Hier versteckt sich die eigentliche Sehenswürdigkeit der Malediven: Eine zauberhafte schillernd-bunte Korallenstadt – bewohnt von exotischen Fischschwärmen, Rochen und Haien.
Wetterlaunen der Malediven
Eine weitere Laune der Diven kommt zum Vorschein: Zu herrlichstem Sonnenschein bei 30 Grad gesellt sich ein leichter Nieselregen. Und wo gestern noch eine Brise für Abkühlung sorgte, ist heute die windstille Seite der Insel. Es kann durchaus vorkommen, dass auf der einen Seite der Insel die Sonne scheint, während es nur einen Steinwurf entfernt auf der anderen Seite regnet. Das Wetter ändert sich manchmal erstaunlich schnell.
Der feine weiße Sandstrand ist oft menschenleer. Man fühlt sich, als ob man in einer Postkarte Urlaub machen würde. Weit und breit ist niemand zu sehen. Nur kleine weiße Krebse krebsen hier und da herum. Sie sind so schnell, dass man sie kaum mit den Augen verfolgen kann.
Der Good Knight sticht alle anderen Mosquito-Lösungen aus
Ohne Uhr scheint die Zeit schneller zu vergehen. Schon nach einigen Tagen fühle ich mich wie ein Insulaner, habe ein bisschen Farbe und nenne Neuankömmlinge abschätzig „Weißbrot“. Bei einigen Einwohnern bin ich auf Anhieb ausgesprochen beliebt: Die Mosquitos fliegen auf mich. Ich versuche die Annäherungsversuche zu unterbinden und benutze das in Deutschland vorsorglich gekaufte Anti Brumm Spray (Ökotest gut, Guter Rat Testsieger Juli 2006). Doch statt Erfolg stellen sich weitere Stiche ein. In der Sun Boutique rät mir die Verkäuferin zum Calypso insect repellent spray. Es hilft besser, aber nicht zufriedenstellend. Am nächsten Tag schwört ihr Kollege auf ein ganz anderes Mittel: „Mosquit. Off Spray“. Das bringt durchaus etwas: drei richtig dick angeschwollene Stiche am nächsten Morgen.
Ich konsultiere die indische Inselärztin. Sie schenkt mir ein mitleidiges Lächeln und obendrein noch den „Good Knight“ aus Indien. Ein Faustgroßer Flüssigkeitsbehälter, der an die Steckdose angeschlossen wird und so den Anti-Mosquito-Shake erhitzt. Der Geruch verteilt sich im Raum und hält die ungebetenen Gäste fern. Und tatsächlich: Der Good Knight sticht alle anderen Lösungen aus. Später lerne ich: In einem Wasser-Bungalow hat man das Mosquito-Problem so gut wie nicht.
Den Malediven droht der Untergang
Auch andere wissen, dass man bei den launischen Diven auf alles gefasst sein sollte: Eine Gruppe Chinesen watet durch knöcheltiefes Wasser am Strand entlang – und trägt dabei vorsorglich rote Rettungswesten.
Die Insel ist so klein, dass man sie in 30 Minuten umrunden kann: Olhuveli am südöstlichen Ende des Süd-Male-Atolls ist knapp 700 m lang und nur maximal 90 m breit. Besonders hoch ist keine der tausend, meist namenlosen Koralleninseln, von denen etwa 220 bewohnt und rund 110 mit Hotelresorts ausgestattet sind. Die Inseln sind maximal 2,5 Meter hoch. Das hat dramatische Auswirkungen: Wenn der Klimawandel und der damit verbundene Anstieg des Meeresspiegels nicht bald gestoppt wird, droht den Diven der Untergang.
Weltweit für Furore hat in diesem Zusammenhang eine Aktion der Regierung gesorgt: Im Oktober 2009 tagte das maledivische Kabinett eine halbe Stunde in 6 Meter Tiefe vor der Insel Girifushi im Nord-Male-Atoll. Die Kabinettsmitglieder unterzeichneten damals auf dem Meeresboden eine Resolution, in der sie die internationale Staatengemeinschaft aufforderten, den CO2-Ausstoß baldmöglichst zu reduzieren. Das nächste Ziel der Regierung: Bis 2020 wollen die Malediven das erste klimaneutrale Land der Welt sein, das heißt, kein CO2 mehr produzieren.
Malediven: wunderbare Unterwasserwelt
Bevor die Malediven abtauchen, versinken jetzt erst einmal die Urlauber im Indischen Ozean – als Schnorchler. Ich bewundere die Fische mittags unter Wasser – und abends auf dem Teller. Fisch ist das Hauptnahrungsmittel auf den Malediven. Besonders Thunfisch begegnet einem in allen Varianten. Zum Beispiel als Suppe, Salat, Wrap oder Kuchen. Fleisch dagegen kommt oft nicht an die Qualität der frisch zubereiteten Meeresbewohner heran, weil es für teures Geld aus dem Ausland zum Flughafen Male und von dort mit dem Boot angeliefert werden muss.
Trotzdem muss hier niemand seine Ernährungsgewohnheiten umstellen. Für den asiatischen Gast etwa gibt es schon morgens warme Speisen, die vor den Augen den Gäste im Wok zubereitet werden. Zum Beispiel mit allerlei Gemüse, Fisch, Fleisch und Nudeln. Für Europäer gibt es Brot, Brötchen und süße Teile. Amerikaner essen quer durcheinander.
Chinesische Fototouristen auf den Malediven.
Neben den Ernährungsgewohnheiten gibt es auch andere Dinge, die von Nation zu Nation verschieden sind. Die Chinesen zum Beispiel bleiben meistens erstaunlich kurz: Einen Tag lang reisen sie an. Vier Tage fotografieren sie alles, was ihnen vor die Linse kommt. Sie packen ihre Zeit mit Ausflügen voll. Chinesen, die faul am Strand liegen? Fehlanzeige.
Die durchschnittliche Verweildauer auf der Insel liegt bei etwa einer Woche. Nur die wenigsten gönnen sich 14 Tage Auszeit. Konsequent abschalten tun die wenigsten – das Handy bleibt an und immer in Reichweite. Manche Urlauber scheinen länger auf den Bildschirm zu schauen als aufs Meer. Zwei Funktürme sorgen für WLAN, das allerdings mit 10 US-Dollar pro Tag eine kostspielige Angelegenheit ist. Trotzdem ist die Sucht nach E-Mails und Sozialen Medien allgegenwärtig. Wer Urlaub auf den Malediven macht, sonnt sich eben nicht nur gern am Strand, sondern zusätzlich auch im Neid der Daheimgebliebenen.
Exzellenter, freundlicher Service
Rund 400 Angestellte sorgen sich um das Wohl der Gäste. Ein Kellner, der mich an einen kleinen Buddha erinnert, ist die Freundlichkeit in Person. Immer, wenn ich ihn sehe, lächelt er breit und zeigt dabei seine weißen Zähne. Ich frage mich, ob er wohl auch im Schlaf lächelt.
Die Angestellten arbeiten acht Stunden am Tag, sechs Tage die Woche. Urlaub von der Urlaubsinsel gibt’s vier Wochen lang. Untergebracht ist die Belegschaft in einem eigenen, abgeschotteten Bereich der Insel. Hier gibt es ebenfalls einen Strand, ein Billardzimmer,Großfernseher für Sportereignisse und eine Kantine. Es gibt schlechtere Jobs, als Gärtner, Roomboy, Koch, Kellner oder Manager im Paradies zu sein. Von allen Einkäufen der Urlauber gehen 10% Service Charge automatisch an die Belegschaft.
Trotz der guten Bedingungen gibt es für dir wenigsten eine langfristige Perspektive auf der Insel. Wer eine Familie gründen will, muss umziehen, denn für Kindergärten oder Schulen ist die Insel zu klein. Es fällt auf, dass man vor allem männliche Servicekräfte sieht. Ob das vielleicht daran liegt, dass die Malediven ein islamischer Staat sind? Nein, nein, wiegelt Philippe Frugère ab, der General Manager, auf der Insel arbeiten auch viele Frauen – allerdings eher im „Back Office“, also hinter den Kulissen. Mit anderen Worten: In der Küche und in der Wäscherei.
Alle Angestellten folgen einem eigenen Dresscode: Die Manager tragen ein weißes Hemd, die Kellner ein türkisfarbenes Poloshirt, die Gärtner- und Roomboys ein grünes Poloshirt.
Die Mode einer Insel
Mit dem Thema Mode geht man auf Olhuveli so um wie mit allen anderen Themen auch: entspannt. Leben und leben lassen ist das Motto. Die Asiaten zeigen sich experimentierfreudig und bunten Kombinationen zugeneigt, die nach europäischen Maßstäben durchaus als „quietschig“ bezeichnet werden können. Frauen aller Nationen setzen mit wundervollen Badetüchern Akzente.
Der italienische Mann von Welt trägt in dieser Saison Weiß. So wird seine sorgfältig gebräunten Haut noch deutlicher herausgearbeitet. Nahezu alle Männer schmücken ihren Wohlstandsbauch mit einer Kamera. Das Sixpack ist in der Minderheit. Im gut ausgestatteten, modernen Fitnessraum arbeitet meistens nur einer: die Klimaanlage. Die Sportler am Morgen kann man an einer Hand abzählen.
Viele Möglichkeiten für Freizeitstress
Gut, Sport kann man auch zuhause machen. Andere Dinge dagegen nicht. Zum Beispiel Kitesurfen, Schnorcheln, Wasserski oder Kanu fahren. Sogar ein romantisches Robinson Cruseo Picnic auf einer einsames Insel oder die Fahrt in einem U-Boot stehen auf dem Programm. Urlaub vom Freizeitstress kann man im Spa-Bereich machen. Indien ist nur wenige 100 Kilometer entfernt – da ist es ebenso naheliegend, Ayuveda-Behandlungen anzubieten. Abgeschieden hinter dicken Mauern regieren indische und asiatische Damen mit sanftem Lächeln, leiser Stimme und kräftigen Händen. Neben wertvollen Ölen herrscht vor allem ein Gewürz vor: Die Preise sind gesalzen.
Schließlich ist der letzte Urlaubstag gekommen. Ich steige ins Speedboat und sehen zu, wie die Insel am Horizont immer kleiner wird. Ein wundervolles Stück vom Paradies, launenhaft wie eine Diva – aber eben auch genauso schön.
Hallo Philipp, wir kennen die Nachbarinsel Fun Island, die nur einen Steinwurf von Olhuveli entfernt liegt. Dein Artikel hat uns nun auch mal einen Eindruck vom Inneren der Insel vermittelt… schön geschrieben und tolle Bilder… Danke dafür!
In unserem Malediven Blog schreiben wir übrigens regelmäßig Inselgeschichten aus dem Sonnenland der Malediven und geben Tipps und Tricks für diejenigen, die das Land auch individuell, z.B. als Backpacker bereisen wollen.
Herzliche Grüße
Yami & Toddy
http://inselnauten.de
Liebe Yami, lieber Toddy,
vielen Dank für Euren Kommentar.
Freut mich, dass Euch der Olhuveli-Artikel gefällt.
Viele Grüße,
Philipp