Angela Merkel eröffnet Privat-Pension

Historische Gesellschaft“ haben Angela Merkel und Joachim Sauer ihr gerade eröffnetes Boutique-Hotel in Berlin Mitte genannt. Ganz so, als würde die Kanzlerin schon zurückblicken auf ihre Amtszeit. Keine Frage: Merkel ist seit 2005 Regierungschefin und gilt als eine der mächtigsten Frauen der Welt. Da kann man sicher von einer „Historischen Gesellschaft“ sprechen, die man hier als Hotelgast genießt.

Die „Historische Gesellschaft“ befindet sich gegenüber vom Pergamonmuseum, direkt an der Spree. Den Begriff „Hotel“ hat Joachim Sauer eingebracht. Die Kanzlerin dagegen benutzt dieses Wort nie, sie spricht lieber von einer „Privat-Pension“. Das klingt volksnah, bodenständig und nicht so abgehoben. Am Ende haben sich die beiden darauf geeinigt, sich nicht zu einigen. So steht nun einfach „Historische Gesellschaft“ am Gebäude.

Die sicherste Unterkunft Berlins

Wer Wert auf eine sichere Unterkunft legt, ist hier genau richtig: Tag und Nacht stehen zwei Polizisten vor dem Wohnsitz der Kanzlerin und halten Wache. Der Job ist nicht einfach. Gerade heute, wo es in Strömen regnet. Es gilt eine 12-Stunden-Schicht durchzustehen, von morgens 7 Uhr bis 19 Uhr am Abend. Zusätzlich haben sich Beamte des Bundeskriminalamts im Gebäude eingemietet. Das freut Herrn Meermann von der Immobilienfirma, denn das BKA ist ein guter Mieter und wertet das Objekt auf. Überwachungskameras, BKA, LKA, Polizei – sicherer übernachtet man nicht mal in Fort Knox. Auf dem vergoldeten Klingelschild steht „Prof. Sauer“, nicht „Dr. Merkel“ – man gibt sich gern diskret.

„Die Idee kam mir bei einer Diskussionsrunde mit Schülern“, erklärt Angela Merkel und streicht die hellblaue Tischdecke im Wohnzimmer glatt, „Ein junger Mann meinte, er habe den Eindruck, dass viele Politiker den Kontakt zum Volk verloren haben. Das hat mich nachdenklich gemacht.“ Joachim Sauer steht am Fenster und blickt hinaus auf die Baustelle, die sich vor das Pergamonmuseum geschoben hat. Draußen rattert die Straßenbahn vorbei. Regentropfen prasseln gegen das Fenster. Die Räumlichkeiten befinden sich im vierten Stock. Ein dünnes Lächeln huscht über Sauers Lippen, aber er sagt nichts und überlässt seiner Frau das Reden.

Auch im obersten Stock nicht abgehoben

Noch eine Tasse Tee?“, fragt mich Frau Merkel. Sie ist eine gute Gastgeberin, aufmerksam, hat ein Auge für ihre Gäste. Ich nicke. „Warum ausgerechnet ein Hotel, Frau Merkel?“, möchte ich wissen und verbessere mich sofort, „Pardon: Warum ausgerechnet eine Privat-Pension?“ Angela Merkel verschränkt die Hände zur berühmten Raute. Sie überlegt lange. Fast so, als würde sie um Worte für eine Regierungserklärung ringen. „Wissen Sie, wir wohnen hier zwar im obersten Stock, aber wir sind nicht abgehoben. Ich als Bundeskanzlerin bin nicht abgehoben.“ Sie spricht ruhig, aber eindringlich, mit Leidenschaft. Ihr Mund wirkt angespannt, ihre Augen suchen den Gesprächspartner. „Ich finde es wirklich wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht den Eindruck haben, die Politiker würden sich abschotten.“ Sie gießt mir eine frische Tasse grünen Tee ein. Nachdenklich betrachtet sie, wie der Wasserdampf aufsteigt.

„Es geht mir darum, ein Zeichen zu setzen.“ –Angela Merkel

„Oder bereiten Sie sich etwa schon darauf vor, was Sie nach Ihrer Amtszeit machen?“ Angela Merkel schmunzelt, Joachim Sauer lacht dezent und fährt sich mit Daumen und Zeigefinger über die Augen. Ja, die Zeit nach der Politik! Ein Thema, das offiziell keines ist, das keines sein darf. „Nein, nein“, wehrt die Bundeskanzlerin mit einer schnellen Handbewegung ab und nippt nun selbst an ihrem Tee, „Es geht mir darum, ein Zeichen zu setzen. Darum geht es.“ Mein Blick schweift durch das Wohnzimmer. Die Museumsinsel ist geprägt von prächtigen Bauten. Hier geht es um Geschichte und Kunst. Die Wohnung der Regierungschefin dagegen ist modern und hell eingerichtet. Auch hier gibt es Antiquitäten, aber sie lassen dem Raum Luft zum Atmen und drängen sich nicht in den Vordergrund. Schlechte Eleganz hat das nicht nötig.

Das Gästezimmer hat Platz für zwei Personen, es gibt ein eigenes Bad. „Auf dem Sofa könnte auch jemand übernachten, aber das ist erstmal nicht angedacht“, erläutert die Kanzlerin gut gelaunt. Ob sie sich denn höchstpersönlich um die Gäste kümmern würde, möchte ich wissen. Da lacht die Kanzlerin. „Um 7.15 Uhr muss ich aus dem Haus. Und wenn ich wieder zuhause bin, ist es schon dunkel.“ – „22 Uhr. Mindestens“, ergänzt ihr Mann knapp und lächelt wieder sein feines Lächeln, „Also spiele ich den Hoteldirektor. Meine Frau hat schließlich ein Land zu regieren.“

Hinweis: Aus Sicherheitsgründen werden Gäste zunächst vom Bundeskriminalamt überprüft. Bitte zwei Wochen vor der Übernachtung an den Hoteldirektor wenden. Preise auf Anfrage.


Das war, natürlich, ein Beitrag zum 1. April.


Hier geht die Reise weiter.

2 Kommentare

  1. Wenn ich in den Urlaub gehe, gehe ich gerne in eine Pension. Wie ihr schon sagt, wirkt es ganz so, als ob Angela Merkel auf ihre Amtszeit zurückblickt. Da ist der Name „Historische Gesellschaft“ gar nicht mal schlecht.

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